Dick und krank durch Weizenkorn?

Moderner Weizen ist nicht mehr der Weizen unserer Vorfahren, denn die Neuzüchtungen der letzten 50 Jahre steigerten zwar die Ernteerträge, doch in der Pflanze sank der Nährstoffgehalt und neue Problemstoffe kamen hinzu.

Diese Veränderungen in der Weizenstärke und beim Weizeneiweiß machen den Weizen ungesund. Sie sorgen weltweit für einen rasanten Anstieg von Übergewicht und chronischen Erkrankungen.

Infografik: Übersicht von Weizen-Lebensmittel Brot, Brötchen, Nudeln, Toast, Körner, Mehl. © Foodfibel.de
Weizen ist ein täglicher Begleiter und ein Grundnahrungsmittel. Und so haben bereits kleine Veränderungen im Korn eine große Wirkung auf unsere Gesundheit.

Weizen ist eine Zuckerbombe

Getreide speichern ihre Zucker in Form von Stärke, als verzweigtes Amylopektin und als lineare Amylose. So auch der Weizen, denn Weizenstärke besteht zu 75 % aus Amylopektin.

Allerdings unterscheidet sich die Molekularstruktur des Weizen-Amylopektins sehr deutlich von anderen Getreidesorten: In seinem Verzweigungstyp, der Länge der Seitenketten, und erhöhter enzymatischer Umsetzung. Das heißt, die Weizenstärke ist schneller verdaulich und treibt den Blutzucker schneller in die Höhe als ein Schokoriegel.

Zum Vergleich:

Die Scheibe Weizenvollkornbrot hat einen glykämischen Index von 71. Ein Schokoriegel einen GI von 70.

So ist der regelmäßige Weizenkonsum letztlich ungesund, denn er bewirkt einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel, eine chronische Insulinreaktion, die wiederum zu Fettspeicherung im inneren Bauchraum führt.

Dieses Bauchfett umschließt die Organe Leber, Magen und Darm, und schüttet entzündungsfördernde Botenstoffen und Hormone aus. Diese heben den Blutdruck, Blutzucker, Blutfettwerte und verändern den gesamten Stoffwechsel.

Gluten zu Super-Gluten

Getreide enthalten im Vergleich zu Hülsenfrüchten nur sehr wenig Eiweiß. Und so wurde versucht, diesen Mangel beim Weizen durch Kreuzung zu beheben.

Die Neuzüchtung war erfolgreich, denn heute enthält Weizen doppelt so viel Gluten, Lektin und Anti-Nährstoffe wie seine Vorgänger.

Aus der Nahrungspflanze Weizen wurde ein Auslöser für Gewichtszunahme, Diabetes, Entzündungen, Depression und Autoimmunerkrankungen.

Infografik: Weizen und seine Inhaltsstoffe. Ungesunde Stoffe wie Phytinsäure, ATI oder Gliadine sind farblich markiert. Rechts: eine Schemadarstellung einer Weizenkorns mit Keim, Kleie und Mehlkörper. © foodfibel.de
Weizen Vollkornmehl ist reich an problematischen Inhaltsstoffen.

Gluten, in der Betonung „Gluteen“, steht für „Klebereiweiß“ und ist ein natürlich vorkommendes Eiweiß in allen Getreidearten. Allerdings wird in vielen Teigwaren auch zusätzliches Gluten vom Bäcker zugesetzt, um das Backen von Brot und Teigwaren zu vereinfachen.

Gluten selbst ist ein Mix von Eiweißmolekülen, den Gliadinen, die im Rahmen der Verdauung enzymatisch in kurze Polypeptide gespalten.

Diese sehr kleinen Bruchstücke des Gliadins bilden sogenannte Gliadorphine. Diese gelangen in den Körper, überwinden die Blut-Hirnschranke, binden im Gehirn an deine Opiat-Rezeptoren und vermitteln ein wohlig entspanntes Gefühl.

In stressigen Zeiten greifen wir daher besonders gerne zu glutenhaltigen Brot und Teigwaren. Und sie machen süchtig. Süchtig nach mehr Weizen.

Damit nicht genug:

Die Gliadorphine des Weizens sind Suchtdrogen und wie alle Suchtdrogen stören sie die neurologische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Folgen sind bekannt und reichen von ADHS, Depression bis Autismus.

Leaky Gut Syndrom: wenn die Darmschranke fällt

In deinem Körper und Organen kontrollieren Gewebeschranken, was herein und hinausgelangt.

Im Darm bilden die Spalten und Poren zwischen den Darmzellen ein System von Schleusen und Kanälen, das den Austausch von Stoffen durch die Darmwand erlaubt.

Elektronenmikroskop-Foto: Darmgewebe-Querschnitt mit Darmzotten, Darmzellen und Leaky Gut Tight Junction. © Fawcett DW, The Cell: An Atlas of Fine Structure, WB Saunders, Philadelphia, 1966, p. 367.
Darmzellen mit Darmzotten. Die Tight Junctions sind Kanäle und Poren zwischen zwei Darmzellen.

Während die Nährstoffe der Nahrung über die Darmzotten in die Darmzellen und damit in den Körper gelangen, sorgen die Kanäle und Tight Junctions zwischen den Zellen unter anderem für den Transport von Flüssigkeit in den Darm hinein. Zum Beispiel bei Durchfall, wenn die schädlichen Erreger ausgespült werden müssen.

Das Gliadin des Weizens greift nun direkt in diese Regulation der Darmwand ein und bewirkt durch Weitung der Räume zwischen den Darmzellen eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand.

Jetzt können nicht nur Kleinstmoleküle, sondern auch große Makromoleküle, Viren und sogar Bakterien aus dem Darm in den Körper eindringen.

Dieser unkontrollierte Einstrom ruft aggressive Immunzellen auf den Plan, die nun körperweit nach den Eindringlingen suchen und diese in diversen Organen finden.

Es kommt zu entzündlichen Reaktionen, diagnostiziert als Autoimmunerkrankungen wie Allergien, Arthritis, MS oder Diabetes.

Diese vielfältigen Wirkungen des Gluten-Gliadins werden als durchlässiger Darm oder Leaky Gut Syndrom zusammengefasst.

Anti-Nährstoffe im Weizenkorn

Zur einfachen und industriellen Verarbeitung des Weizens haben Züchter die ursprünglich dicke Schale des Weizenkorns entfernt.

Dieser Schutzfunktion gegen Fressfeinde beraubt, reagierte der Weizen mit einem Mehr von Abwehrstoffen im Samenkorn und in der Samenschale.

Der Gehalt an Weizenlektin nahm zu. Genauso auch die Konzentration an Phytinsäure.

Phytinsäure ist zwar nicht giftig und eigentlich nur der Phosphatspeicher des Samenkorns. Doch wirken Phytate als Anti-Nährstoffe, die im Darm die Aufnahme der Mineralstoffe Calcium, Magnesium, Eisen und Zink verhindern.

Lektine sind unverwüstlich

Die Wunderwaffe des Weizens ist jedoch sein Lektin, das „Weizen Keim Agglutinin“ (WKA).

Foto: ein Brot im Backofen.  © Foodfibel.de
Weizenkeim-Agglutinin WKA ein äußerst stabiles Protein, das in Form und Funktion auch das Backen und Kochen überlebt. Disulfid-Bindungen festigen das WKA Protein wie Vulkanisierung bei Gummi.

WKA bindet als Lektin an Körpergewebe und stört sie in ihrer biologischen Funktion.

Diese Bindung ist unabhängig von individueller Prädisposition und betrifft jeden, der Weizen isst. Die Folgen wie chronische Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen betreffen deshalb jedermann und Frau.

Wo findet sich das meiste Lektin?

Das Weizenkorn ist bekanntlich der Weizen-Embryo und bekommt von der Mutterpflanze die Lektine in Höchstmenge mit auf den Weg.

Die Züchtung mit dem Ziel hoher Eiweißgehalte im Korn hat diesen Lektingehalt nochmals erhöht.

WKA ist ein sehr kleines Molekül und wandert bei der Keimung in den Spross und in die Wurzel. Weizen-Keimbrot ist daher nur wenig gesünder als übliche Weizenbrote.

WKA ist ein sehr spezifisches Lektin und attackiert gezielt das Zuckermolekül N-Acetyl-Glucosamin (NAG).

NAG ist ein Baustein der Zellwand von Bakterien und Pilzen. NAG ist auch der Grundbaustein des Chitins, der Hartsubstanz von Insekten und Krustentieren.

Aber auch Wirbeltiere, Fische, Vögel und Menschen enthalten NAG als Baustein der Hyaluronsäure in Knorpel, Gelenken und Knochen. Und unsere Schleim-Sekrete in Darm und Blutgefäßen bestehen ebenfalls aus NAG.

Die Weizenabwehr trifft also alle seine Fressfeinde, uns inklusive.

Fehlt der Wurm?

In der Vergangenheit enthielten Mehle stets Insektenchitin. Also auch den Chitin-Baustein Glucosamin, der die Getreide-Lektine bereits in Teig oder Darm binden und neutralisieren konnte. Vergleichbar dem Schmutzfänger in der Weißwäsche.

Schaubild: Detailsansicht einer alten Kornhandschleife mit Mühlsteinen. © Foodfibel.de
Gewollt oder ungewollt: früher wurden bei der Herstellung von Mehl immer auch Insekten und Mehlwürmer mit vermahlen, die schädliche Lektine bereits im Darm binden.

Dank industrieller Hygiene entfällt nun dieser Schutz. Und das Weizenlektin bindet heute direkt an deine Schleimhäute und Oberflächen in Darm und Gefäßen, zerstört sie, und gelangt ungehindert in die Körpergewebe.

Bei täglichem Konsum von Getreide und Vollkorn wäre deshalb die Nahrungsergänzung mit N-Acetyl-Glucosamin oder Insektenmehl eine Option. NAG bindet dann als Schmutzfänger die Lektine bereits im Darm. Es bleibt also kein Lektin, das im Körper die Gelenke und Gewebe angreifen kann. 

Im Handel wird Glucosamin oft in Kombination mit Chondroitin angeboten. Chondroitin ist jedoch nur für Blutgruppe A geeignet, keinesfalls für die Blutgruppen 0 oder B!

Auslöser für Diabetes

Eine weitere Wirkung des Weizenlektins ist die Beschleunigung der Zuckerkrankheit Diabetes. Konkret verändert Weizenlektin die Andockstellen für Insulin auf den Zelloberflächen, sodass sich Insulin nicht mehr ablösen kann.

Die Insulinreaktion wird damit künstlich verlängert und das Blut unterzuckert. Infolgedessen haben wir wieder Hunger, essen erneut, die Kalorien gehen direkt in die Fettspeicher. Und durch die Dauerbindung von Insulin stellt sich irgendwann die Insulin-Resistenz der Zellen ein. Wir werden zuckerkrank. 

ATI: die Verdauungsbremse

Eine weitere Neuzüchtung in modernem Weizen ist ATI, der Amylase-Trypsin-Inhibitor.

ATI wurde als Insektizid und zum Schutz der Pflanze in den Weizen eingekreuzt. Und das Problem-Eiweiß macht inzwischen rund 3 % des Gesamtproteins aus.

Durch ATI werden deine Verdauungsenzyme Amylase und Trypsin gehemmt. Amylase ist für die Verdauung von Stärke verantwortlich und Trypsin hilft bei der Spaltung von Proteinen im Dünndarm.

Die Hemmung der Enzyme führt zu Verdauungsproblemen wie Blähbauch, aber auch ganz konkret zu einer unvollständigen Spaltung des Weizenglutens. Als Folge verbleibt mehr Gliadin und Gliadorphin im Darm, mit bekannten Folgen für unsere Gesundheit, Stichwort Leaky Gut.

Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass ATIs auch sehr direkt die Entzündungswerte des Darms erhöhen. Und das nicht nur bei Patienten mit Vordisposition und Zöliakie, sondern generell.

Weizen im Alltag

Vor dem Hintergrund dieser Folgen des Weizenkonsums kann Weizen schwerlich als Lebensmittel bezeichnet werden. Und so stufen Gesundheitskreise Weizen bereits als Pathogen ein.

So zeigt das Eindringen von Weizenlektin in die Zelle in der Tat zahlreiche Parallelen zur Infektion mit pathogenen Viren. Siehe hierzu: „Should Wheat Be Reclassified as a Pathogen?

Schwierig wird es jedoch, wenn wir versuchen dem Weizen in unserer Ernährung auszuweichen und ihn zu ersetzen, denn in der Westlichen Ernährung ist Weizen omnipräsent.

Neben dem täglich Brot finden wir Weizen in Teigwaren wie Kuchen, Nudel- und Pastagerichten, Stärkeprodukten, diversen Süßspeisen und sogar im Rahm Spinat.

Für besonders gefährlich halte ich die versteckte Verwendung von Weizeneiweiß, denn gerade dieses Weizeneiweiß ist ja das Hauptproblem, besteht es doch aus dem schädlichen Gluten-Gliadin sowie Enzymhemmern und Lektinen.

Schaubild: Seitan und Weizenfleisch. © Foodfibel.de
Seitan und Weizenfleisch sind beliebte vegane pflanzliche Eiweißprodukte. Sie sind das Gluten und Abfallprodukt aus der Herstellung von glutenfreien Produkten.

Auch bei sogenannten Eiweißbroten handelt es sich in der Regel um Brote aus Weizeneiweiß, in der Zutatenliste als Weizengluten, Gluten oder Klebereiweiß ausgewiesen.

Wie steht es um die Gesundheit von „Urgetreide“: Einkorn, Emmer und Kamut?

Einkorn, Emmer, Kamut und Dinkel sind sogenannte „Urgetreide“ und gelten als frühe Formen und Varianten des Weizens.

Kamut ist eine eingetragene und rechtlich geschützte Marke. Der Legende nach wurde Kamut in einem altägyptischen Grab als Grabbeigabe wiederentdeckt. Kritiker gehen jedoch davon aus, dass diese Getreidefunde vermutlich von einem ägyptischen Basar stammen, denn aus einem Pharaonengrab.

Emmer ist ein enger Verwandter von Durum Hartweizen und sollte in der Ernährung als solcher betrachtet werden.

Einkorn gilt als die ursprünglichste Form von Weizen und dürfte daher in der Ernährung am wenigsten Probleme machen.

Allerdings ist Einkorn fast ausschließlich in Naturkostläden erhältlich und dort liegt der Fokus leider immer noch auf Vollkorn, sodass Einkorn eigentlich nur als solches erhältlich ist. Das heißt mit dem vollen Programm an Abwehrstoffen von Lektinen bis Phytinsäure.

Darüber hinaus ist die Studienlage zu den Vorteilen von Einkorn, Emmer und Kamut sehr dünn. Und das ist ja auch naheliegend:

Der Vorteil von „Urgetreide“ ist der geringere Gehalt an Abwehrstoffen pro Korn. Wenn ich dann jedoch tagtäglich diese Urgetreide-Körner esse, sogar als Vollkorn, macht es vermutlich nicht mehr viel Unterschied zu modernem Weizen.

Alternativen zu Weizen

Da natürlich auch andere Getreide Gluten und Lektine enthalten, sollte der Weizenersatz mit Bedacht gewählt werden.

Schaubild mit Getriedesorten und Pseudogetreiden. © foodfibel.de, eigenes Werk.
Getreide und Pseudogetreide:
1-Weizen, 2-Dinkel, 3-Einkorn, 4-Emmer, 5-Gerste, 6-Hafer, 7-Roggen, 8-Kamut, 9-Reis, 10-Quinoa, 11-Hirse und 12- Buchweizen.

Buchweizen ist aufgrund seiner Lektine für die Blutgruppen B und AB zu meiden. Trotz seines Namens ist Buchweizen übrigens nicht mit dem Weizen verwandt.

Ganz im Gegensatz zu Dinkel (Triticum spelta), der eine alte Unterart des heutigen Weizens (Triticum aestivum) darstellt.

Dinkel ist jedoch in jedem Fall die bessere Alternative zu Weizen.

Mit dieser Verwandtschaft zu Weizen ergeben sich aber auch für Dinkel eine Reihe von Problemen, die ich in folgendem Beitrag betrachte:

Quellen:

Stärke-Unterschiede in Weizen und Dinkel

Cornell University: Plant Lectins

Wheat amylase trypsin inhibitors drive intestinal inflammation

Autor: Frank Lewecke

Frank Lewecke ist Diplom-Biologe, Gründer und Autor von Foodfibel.de.

Als Ernährungstherapeut gilt sein Augenmerk der Gesundung von Menschen durch funktionale Medizin und typgerechte Ernährung.

Biologie-Studium an der Universität Bayreuth. 1989 Vordiplom in Biologie und Physiologie. 1993 Biologie-Diplom in Genetik, Mikrobiologie, chemischer Ökologie und Toxikologie. 1994 Doktorand im DFG Graduiertenkolleg an der medizinischen Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. 1995 Freiberuf, Publikationen, Fortbildungen, Ayurveda. 2016 Gründung der Foodfibel. 2018 Entwickler der Foodfibel App.

Im Radio Live-Talk:

Frank Lewecke zu gesunder Ernährung.

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