Der erwachsene Mensch besteht zu rund 70 % aus Wasser. Und die Eigenschaften dieses Körperwassers bestimmen den Sauerstoffgehalt im Blut und die biochemischen Vorgänge der Körperzellen, in deiner Leber, deinen Nieren, Nerven, Immun- und Muskelzellen.
Die zentrale Eigenschaften dieses Körperwassers ist dabei sein Säuregehalt.
Die Säure im Blut entscheidet, wieviel Sauerstoff dein Hämoglobin transportieren kann. Und auch die Verdauungsenzyme in Magen und Darm brauchen stabile Säurewerte um optimal zu arbeiten.
Die Säurestärke wird dabei als „pH-Wert“ gemessen:
Ein pH von 0 zeigt die maximale Säurestärke und entspricht einem Wert von Batteriesäure. Ein pH von 14 ist dagegen extrem basisch, und entspricht Werten von Rohrreiniger.
Reines und destilliertes Wasser liegt mit pH 7 genau in der Mitte und ist weder sauer noch basisch. Die Anzahl von positiven H+Teilchen und negativen OH-Teilchen hält sich die Waage.
Der Säure-Basen-Haushalt in deinem Körper
Verschiedene Bereiche des Körpers haben unterschiedliche pH-Werte:
- So liegt dein idealer Blut-pH zwischen pH 7,35 und 7,45 und ist damit leicht basisch.
- Der Magen hat einen pH von 2-3, was ihn sehr sauer macht. Denn für die Entkeimung und Verdauung der Nahrung braucht es eine starke Säure. Das Pepsin-Enzym für die Eißweißverdauung würde ohne diese Säure gar nicht funktionieren.
- Die meisten Körpergewebe weisen ein eher neutrales Säuremilieu auf.
Durch Ernährung, Überlastung und Krankheit kann es jedoch zu einer Verschiebung in diesem Gleichgewicht kommen, so dass auch die körpereigenen Puffersysteme eine pH-Entgleisung nicht mehr ausgleichen können.
Ein typisches Beispiel ist die lokale Übersäuerung des Muskels:
Was übersäuert den Körper?
Eine körperweite Übersäuerung entsteht vor allem durch eine Ernährung reich an Säure oder säurebildenden Lebensmitteln und Getränken.
Wenn ich in ein System von oben immer mehr Säure einfülle, wird das System letztlich immer saurer. Und wenn ich mit der Säure immer mehr H+Teilchen zuführe, entsteht im System eine zunehmend positive Ladung.
Diese kann ich wieder loswerden, indem ich mit basischen Getränken und negativen OH- Teilchen ausgleiche.
Beispielsweise sind zahlreiche Obstsorten so sauer, dass sich selbst der Zahnschmelz löst. Siehe: Äpfel, Kirschen, Aprikosen.
Um den Säure-Input durch dieses ansonsten sehr gesunde Obst zu reduzieren, bietet es sich an, die Säure vor dem Verzehr zu neutralisieren anstatt sie durch Zucker zu überdecken:
Neutralisiere das Obstmus durch Zugabe von Kalium-Bicarbonat. Chemisch betrachtet handelt es sich dabei um eine klassische Säure-Base-Titration.
Aber auch beim Abbau von Lebensmitteln entstehen in deinen Körper Säuren wie Kohlensäure, Harnsäure, Milchsäure, Schwefel- und Phosphorsäuren. Dies sind die sogenannten „Stoffwechselschlacken“.
Diese Säureschlacken entstehen ständig in allen deinen Zellen und werden durch das Blut neutralisert und entfernt.
Allerdings kann das Blut immer nur einen Teil dieser Säurelast aufnehmen und zur Ausscheidung in die Nieren transportieren. Denn zu groß ist die Gefahr, dass das Blut selbst übersäuert.
Also werden die Säuren im Bindegewebe zwischengelagert, um dann bei reduzierter Säurelast entsorgt zu werden zu werden.
Unterbleibt jedoch diese Entlastung des Blutes, wird die Einlagerung zu einem Dauerzustand und es kommt zu einem Rückstau der Säuren bis hinein in die zellulären Strukturen.
Mit negativen Folgen für die Lebensdauer deiner Zellen und zu Lasten der Organfunktion:
Es gelangt weniger Sauerstoff in die Gewebe. Deine Energieniveaus sinken. Und die Unterversorgung deiner Zellen führt zu chronischen Erkrankungen bis hin zu Krebs.
Wie stelle ich eine Übersäuerung fest?
Die Symptome einer chronischen Übersäuerung sind vielfältig und leider nicht sehr spezifisch. Zu diesen Symptomen zählen:
- Müdigkeit, Reizbarkeit
- Infekte
- Muskelkrämpfe
- häufige Kopfschmerzen
- Das Bindegewebe verliert an Spannung.
- Haare und Nägel werden brüchig
- Veränderungen im Hautbild
Eine körperweite Übersäuerung ist nur sehr schwer zu bestimmen, denn pH-Messungen des Blutes sind wenig aussagekräftig.
Das Blut selbst ist nämlich durch sehr effiziente pH-Puffer stabilisiert, so dass wir die Übersäuerung erst dann bemerken, wenn sich der Körper längst im tiefroten Säurebereich befindet.
Als Indikator für eine Übersäuerung gilt daher die verbliebene Pufferkapazität des Blutes. Allerdings ist diese Messung sehr aufwändig und wird nur von wenigen Laboren angeboten.
Genauso wenig praktikabel ist natürlich auch die Messung direkt in den Körpergeweben.
Auch die pH-Messung über den Speichel halte ich für wenig geeignet, da zu viele Faktoren wie letzte Mahlzeit, Zahnpasta oder Mundflora das Messergebnis verfälschen können.
Einen besseren Hinweis auf eine Übersäuerung liefert dagegen der Körpergeruch. Wenn der Körper versucht die übermäßige Säure über die Haut auszuscheiden.
Sehr neu und interessant ist zudem die Messung der elektrischen Körperpotentiale, denn pH ist immer auch ein Maß für die elektrische Spannung des Körpers.
Wie kann ich eine Übersäuerung zuverlässig messen?
Ist dein Körper ständig übersäuert, finden sich dauerhaft und reichlich Säuren in deinem Urin.
Eine Übersäuerung lässt sich daher durch die Kontrolle der Säureausscheidung über den Urin bestimmen.
So sieht ein gesundes pH-Tagesprofil aus:
Am Morgen oder nach süßen oder eiweißreichen Mahlzeiten werden im Urin Mittelstrahl saure pH-Werte gemessen. Dazwischen zeigen sich aber immer wieder neutrale Werte von pH 7. Zum Beispiel nach Gemüsesuppe, oder Blattsalat.
Dann bist du übersäuert:
Wenn über viele Tage und zu jeder Tageszeit saure Werte von pH 4 gemessen werden, ist dies ein klares Indiz für eine körperweite Übersäuerung.
Dein Körper ist so säuregesättigt, dass er mit der Säureausscheidung nicht nachkommt. Dein Körper scheidet daher unabhängig von der jeweiligen Mahlzeit ständig Säure aus.
Wie kann ich den Säure-Basen-Haushalt ausgleichen?
Die zunehmende Säurelast unserer westlichen Ernährung führt zu Störungen der Säure-Base-Balance in den Körpergeweben und damit zu chronischen Erkrankungen. Ziel muss es deshalb sein, gesunde pH-Verhältnisse wiederherzustellen.
Diesen Säure-Basen-Ausgleich erreichen wir vor allem durch eine Ernährung reich an Gemüse und Vermeidung von Säuren und Säurebildnern.
Eine Ausnahme bildet hier Zitrone. So schmeckt Zitronensaft bekanntlich sehr sauer, im Körper wirkt er jedoch basisch und entsäuernd. Denn Zitronensäure ist eine Di-Carbonsäure, deren Citrat als Puffermolekül je nach Bedarf sowohl H+ aufnehmen als auch abgeben kann.
Auch die Nahrungsergänzung mit basischen Mineralien wie Magnesium, Zink oder Kaliumcitrat kann die Säurelast reduzieren. Im Handel sind deshalb eine Vielzahl von Produkten erhältlich, wobei jedoch viele dieser Basen-Pulver vor allem Zucker enthalten. Achte deshalb auf das Kleingedruckte und die Zutatenliste!
Zudem rate ich von Basenpulvern mit Calcium ab, denn ein zuviel an diesem Mineral kann zu Entzündungen, Krankheit und Krebs führen.
Siehe hierzu auch meinen Blogartikel:
Neben den mineralischen Basen und Säurepuffern werden ebenfalls getrocknete, pflanzliche Gemüsepulver in Kapselform angeboten. Auch davon halte ich nicht viel.
Denn nach Mahlung, Trocknung und Lagerung dürfte das meiste an gesunden Inhaltsstoffen durch Luftsauerstoff zerstört sein. Und ranzig-oxidierte Ölanteile machen diese Gemüsepulver eher schädlich und ungesund.
Grundlagen einer basischen Ernährung
Die Grundregeln einer basischen Ernährung beherzige ich selbst seit vielen Jahren, indem ich die Säurebildner mit Gemüse und Flüssigkeiten kompensiere.
Beispielsweise esse ich rund um Sport und Training eine sehr nährstoffdichte Nahrung, reich an Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß.
Zusammen mit der Milchsäure aus dem Training ist das natürlich eine erhebliche Säurelast. Die ich dann jedoch mit reichlich Koch-Gemüse, Tees und Magnesium ausgleiche.
Oder ich koche mein Trinkwasser mit einer Messerspitze Kalium-Bicarbonat um es basischer zu machen (pH 7,5). Dieses Wasser trinke ich dann vormittags vor der ersten Mahlzeit oder zwischen den Mahlzeiten.
Übrigens:
Eiweiß ist natürlich nur dann säurebildend, wenn seine Aminosäuren abgebaut und zersetzt werden.
Im sportlichen Aufbautraining werden die Eiweiße und Aminosäuren direkt in der Muskulatur verbaut und bilden somit keine Zerfallsprodukte oder metabolische Säuren.
Mehr noch: Deine Bindegewebe aus Muskel, Faszien und Kollagen binden Säuren und erhöhen damit die Pufferkapazität deines Körpers.
Welche Lebensmittel eignen sich für eine basische Ernährung?
Zur Orientierung hier eine Übersicht von Lebensmitteln und ihrer Säure-Base-Wirkung:
Säure-bildende Lebensmittel
- alle Sorten Fleisch, Wurst und Fisch
- Zucker
- Getreide
- Hülsenfrüchte
- Eiweißsupplements
- Milch
- Mineralwasser, Limonaden
- Getränke mit hohem Phosphorgehalt wie Cola und Kakao
- Kaffee
- Alkohol
Basen-bildende Lebensmittel
- Gemüse
- Blattsalate
- Beerenobst
- Leinsaat, Hirse, Quinoa, Amaranth
- Gewürze
- Kräutertee
- Zitronenwasser
- Naturjoghurt, Buttermilch
Der basische Start in den Tag: Ein Glas Bicarbonat-Wasser oder Grüntee mit Magnesium.
Warum wirkt der pH-Wert auch elektrisch?
Der pH-Wert ist nicht nur ein chemischer Säure-Indikator, sondern auch ein Maß für die elektrische Spannung deiner Zellen und Körpegewebe.
Denn chemisch betrachtet ist eine Übersäuerung ein Zuviel von H+ Säureteilchen.
Ein zuviel an H+ lässt sich aber auch physikalisch definieren. Nämlich als eine positive elektrische Spannung.
Diese positive Spannung ist eine Problem, denn unsere Zellen und Mitochondrien brauchen und leben von negativen Membranpotentialen. Wenn sie diese negative Spannung durch mehr und mehr positive Säureteilchen verlieren, verlieren sie zusammen mit der elektrischen Spannung auch ihre Zellenergie.
Um eine Übersäuerung zu vermeiden gibt es daher einen sehr einfachen Biohack: Gehe barfuß!
Der Erdboden hat eine natürliche negative Grundspannung. Und bei direktem Körperkontakt mit dem Boden können so negative Ladungsträger in den Körper fließen. Bzw. es fließen unerwünschte positive Ladungen via Erdung in den Boden.
Mehr dazu in meinen Artikel:
Was kann ich noch tun bei Übersäuerung?
Basische Ernährung ist der Grundbaustein einer gesunden Ernährung und daher auch die Grundlage meiner Ernährungstherapie für Sportler, bei Schwangerschaft und chronischer Entzündung.
Neben Säure-Base-Haushalt ist aber auch der Aspekt einer typgerechte Ernährung sehr wichtig:
Wie vertragen sich die bestimmte Lebensmittel mit deiner ganz speziellen Biologie? Welche Lebensmittel schaden deiner Biochemie? Und was ist überhaupt der biologische Typ?
Weiterlesen:
Autor: Dipl. Biol. Frank Lewecke
Frank Lewecke ist Diplom-Biologe, Gründer und Autor von Foodfibel.de.
Als Ernährungstherapeut gilt sein Augenmerk der Gesundung von Menschen durch funktionale Medizin und typgerechte Ernährung.
Biologie-Studium an der Universität Bayreuth. 1989 Vordiplom in Biologie und Physiologie. 1993 Biologie-Diplom in Genetik, Mikrobiologie, chemischer Ökologie und Toxikologie. 1994 Doktorand im DFG Graduiertenkolleg an der medizinischen Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. 1995 Freiberuf, Publikationen, Fortbildungen, Ayurveda. 2016 Gründung der Foodfibel. 2018 Entwickler der Foodfibel App.
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